MIT KREATIVITÄT UND WAGEMUT

Erst umspült sie dich sanft, die intensive Stimme Deniz Çiçek’s. Wogen von Melodien umhüllen dich, Melancholie und Nostalgie treiben darauf. Bevor du dann vollkommen abtauchst. In ein Klangerlebnis matter Drums, Gitarren- und Synthsounds, umhüllt von einzigartigem Gesang.

Diesen Freitag, den 6. April 2018 veröffentlicht das Hamburger Duo Kraków Loves Adana ihre Platte Songs After The Blue. Produziert und aufgenommen wurde diese in Eigenregie von Sängerin Deniz, welche ich mit ein paar Fragen zum kommenden Album konfrontieren durfte:

Literatur und Film waren Deine Inspirationsquellen während des Schaffensprozesses für die neue LP. Was ist die Besonderheit dieser Werke („Just Kids“-Patti Smith; „Briefe an einen Jungen Dichter“-Rainer Maria Rilke; Heathers; …) und wie lässt Du das in die Musik einfließen?

Ich konnte sowohl aus Rilkes, als auch Smiths und auch Julia Cameron’s Artists Way Schlüsse für meinen eigenen kreativen Weg ziehen.

Mit Anfang 20 habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, was für Musik ich wie schreibe und welchen Sinn diese erfüllt. Ich war froh überhaupt einen Output zu haben! Dies hat sich aber spätestens mit Call Yourself New verändert. Man kommt an seine kreativen Grenzen oder ist mit kreativen Ängsten konfrontiert und fragt sich nach dem Sinn seines kreativen Outputs. Vor allem, wenn man alles alleine macht.

All die o.g. Werke waren eine mentale Stütze und haben mir geholfen, gedankliche Barrieren in meinem Schaffensprozess zu überwinden. 

Vom Film Heathers ist auch der fast gleichnamige Song Heather inspiriert mit dem leicht abgewandelten Originalzitat „Real life sucks losers dry. If you wanna fuck with the eagles, you have to learn to fly“.

Wie fühlst Du Dich dabei, durch die eigenen Songs Persönliches preiszugeben; also beispielsweise Deine Sehnsüchte oder bestehende Hürden als Kreativschaffende mit unbekannten Zuhörern zu teilen?

Es ist einfacher, meine Gefühle und gewisse Teile meiner Persönlichkeit mit der gedanklich weit entfernten Öffentlichkeit zu teilen als mit Menschen im näheren Umfeld. Man hat mehr Freiraum und nicht diesen Drang es anderen Recht machen zu müssen oder sich zurückzunehmen, um sein Gegenüber nicht zu verletzen.

Die Hürden im eigenen kreativen Schaffensprozess teile ich deshalb, weil ich dem deutschen Indie Mainstream etwas entgegensetzen möchte.

Meiner Meinung nach ist es sehr gefährlich, die äußeren Strukturen in der deutschen Musikindustrie als gegeben anzunehmen und zu versuchen sich unterzuordnen und den kommerziell hochgepushten „Indiegrößen“ nachzueifern. Man kann es fernab dieser Strukturen schaffen, Gehör zu finden.

Ich möchte Entstehung und Inspiration anstoßen, und erhoffe mir dadurch auf lange Sicht eine größere Vielfalt und mehr Wagemut in Indie Deutschland.

Du sagst: „Kreativität als Selbstzweck ist ein egoistisches Unterfangen.“ Begleitet Dich denn permanent ein Gedanke an die späteren Konsumenten des musikalischen Endprodukts während der kreativen Entwicklung dessen?

Nein, das kann ich trennen. Wichtig ist doch, dass man nicht nur den Drang zur Selbstdarstellung hat, sondern auch den, etwas in die Welt hinauszutragen, sei es ein Gefühl, ein Denkanstoß oder auch eine klare Aussage

Warum ist es Dir wichtig, mit Deiner Musik einen Beitrag zur Allgemeinheit zu leisten und inwiefern ist Dir dies mit „Songs After The Blue“ gelungen? Gibt es auch Momente, in denen Dir die kreative Schaffensphase mehr bedeutet als das Produkt, das daraus entsteht?

Mir geht es immer in erster Linie nur um den Schaffensprozess, denn alles, was danach kommt, kann ich nicht kontrollieren. Ich habe gelernt, diesen Gedanken loszulassen.

Jeder, der kreativ ist, kann sich einer gewissen spirituellen Energie nicht entziehen. Diese Energie, die man spürt, wenn man einen Song schreibt, ist eines der besten Gefühle, die man sich vorstellen kann. Es gibt meinem Leben einen Sinn, egal wie abgeschmackt das jetzt auch klingen mag.

Man leistet automatisch einen Beitrag zur Allgemeinheit, wenn man seine Kreativität teilt – Im besten Fall einen konstruktiven. Wenn auch nur eine Person durch meine Musik gewisse positive Schlüsse für sich zieht und sich selbst oder seinem Gegenüber etwas bedachter begegnet, hat der Kern der Musik gewonnen.

Drei der bisher vier veröffentlichten Songs vom kommenden Album wurden gleich samt passenden Videos in die Welt entlassen. Ist es für Dich entscheidend, neben dem eigentlichen Höreindruck auch ein visuelles Erlebnis bereitzuhalten?

Auf jeden Fall. Es geht nicht nur um den Song, sondern auch um die Interaktion mit dem Hörer.

Mit einem Video oder auch nur einem Foto kann man viel besser eine Beziehung aufbauen als nur mit einem Soundcloudlink.

Bei Visualität angelangt: Das Coverbild der LP bewirkt bei mir, dass ich das „Blue“ im Titel spontan mit dem abgebildeten Himmel verbinde. Wie kam es zu dem Namen „Songs After The Blue“ und wie enstand die Idee für das Coverfoto?

Songs after the blue war der Arbeitstitel und er blieb. Bezüglich des Coverfotos: Ich werde niemals müde davon in den Himmel zu starren. Mal ist er rosa, mal, grau, im Idealfall blau, aber er ist immer da. Egal, was grad um einen herum passiert, es ist nicht schlecht sich der Präsenz des Himmels bewusst zu sein.

Zum Schluss würde ich gern wissen, wie Deine Erwartungshaltung gegenüber dem bevorstehenden Albumrelease und auch der kommenden Tour aussieht?

Wir möchten einfach eine gute Zeit haben und freuen uns natürlich immer, dadurch mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Also: kommt zu unseren Konzerten, kauft unser Album und keine falsche Scheu. Wir freuen uns über jeden persönlichen Kontakt!

Foto: Ebba Argen