FENG SUAVE

Eine sanfte Brise. Oder Feng Suave. Übersetzt man den Namen des Bandprojekts von Daniël Schoemaker und Daniël de Jong, kommt raus, wonach ihre Musik klingt. Ein süßer Windhauch an einem warmen Sommertag. Dabei war diese treffende Namensgebung eher zufällig. Inspiriert wurde das Duo von einem Freund, der den portugiesischen „ultra suave“ Schriftzug seiner Shampooflasche in ein Wortspiel verwandelte. Das löste die vorläufige Idee von „The Public Burning“ ab. Und all die lieblich verträumten Melodien der beiden Daniëls wurden Feng Suave.

Bei einem Talentwettbewerb haben sich Daniël de Jong und Daniël Schoemaker zum ersten Mal getroffen. Dass sie neben demselben Vornamen auch eine Passion für Musik teilen, führte dann zu einer musikalischen Partnerschaft. „Wir fanden die Idee mit jemandem zusammenzuarbeiten ansprechend. Daher war es ziemlich mühelos, gemeinsam etwas zu starten und uns anzufreunden.“ Ein weiterer Vorteil dieser Kollaboration ist, dass sich im Idealfall das eingebrachte Talent verdoppelt. Im Fall von Feng Suave bedeutet das also:

„Jetzt ergeben wir gemeinsam einen Musiker. Einzeln sind wir es beide nur zur Hälfte.“

Nun ergänzen sie gegenseitig ihre Ideen. Beenden, was im Kopf des anderen mit ein paar Tönen, einem Rhythmus begonnen hat. Stellen manches in Frage und lassen sich wiederum von der Kritik ihres musikalischen Gegenparts nicht vom Pfad abbringen. „Wir nehmen uns beide die Freiheit, auszuprobieren, was immer wir wollen. Und anschließend teilen wir es miteinander. Es kommt auch vor, dass einer von uns eine Idee nicht mag. Wenn man selbst aber total davon überzeugt ist, dann arbeitet man eben so lange daran, bis der andere umgestimmt wird.“

Auf diesem Weg hat das Duo aus Amsterdam mittlerweile zwei EPs veröffentlicht. Ihr Debüt feierten sie 2017 mit den vier Songs ihrer selbstbetitelten EP Feng Suave. Ein Jahr später folgte der Song Venus Flytrap. Und letzten Freitag gab es mit Warping Youth die ersehnte zweite EP. In dieser Zeit hat sich bei Feng Suave einiges getan. An den ersten gemeinsam geschriebenen Song erinnern sich die beiden Daniëls nur ungern zurück, da der sich nie so richtig abgeschlossen angefühlt hat. „Aber er hat uns in die richtige Richtung gelenkt.“ Jetzt sind die Techniken und der Songwriting Prozess ausgefeilter. Auch der Blick auf die Musik.

„Wir tendieren jetzt dazu, Songs eher als Bewegungen und Dynamiken zu sehen, anstatt eine Aneinanderreihung von Loops.“

Mit der aktuellen EP kam eine weitere Veränderung im musikalischen Schaffensprozess dazu. Denn anders als bei dem im heimischen Schlafzimmer aufgenommenen und produzierten Debüt, waren die beiden Daniëls für Warping Youth das erste Mal in einem Studio. „Der Unterschied ist, dass man sich viel mehr Zeit für einen Song nimmt, wenn man ihn im eigenen Schlafzimmer aufnimmt und es keine Studiozeiten gibt, an die man sich anpassen muss.“ Dass sie nicht so viel umherprobieren konnten wie gewohnt, verlangte eine professionellere Einstellung und setzte auch einen neuen Lernprozess in Gang.

„Der Studiobesuch war neu für uns. Wir wussten anfangs nicht recht, wie wir beginnen sollten. Also nahmen wir zuerst Schlagzeug und Bass auf und mussten dann von dort weitermachen. Jetzt wissen wir, dass wir beim nächsten Mal vorbereiteter sein wollen. Denn anders als zuhause kann man nicht ständig zurückgehen und alles wieder ändern.“

„Bevor wir das nächste Mal ins Studio gehen, wollen wir das gesamte Ding erst in unseren Schlafzimmern fertig machen. Sodass wir jeden Quadratzentimeter unserer Songs kennen und der Aufnahmeprozess raffinierter wird.“

Der Gedanke, ein ganzes Album komplett im Studio zu schreiben, ist daher für die beiden Amsterdamer außer Reichweite. Die Vorliebe alles genau zu durchdenken, lässt sich zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht mit den teuren Studiomieten vereinbaren. Und manchmal entstehen wegen der begrenzten Möglichkeiten Spontaneitäten, durch die die Musik lebendiger wird. Einem Live-Auftritt näher kommt. Nicht zu vergessen das nostalgische Gefühl zwischen den Notenzeilen. Dieses Gefühl, das das Duo aus ihren Lieblingssongs der 60er/70er-Jahre kennt und versucht hat mit altem, hochwertigem Equipment ebenfalls auf Warping Youth einzufangen.

Mit dem Equipment ist das auch nochmal so eine komplizierte Sache, wie Daniël Schoemaker erklärt. Besonders was die Gitarristen betrifft: „Wenn es darum geht, neueste Gitarren in den verschiedensten Modellen zu verwenden, bleiben die Leute lieber beim Alten. Weil sie denken, dass es besser ist und sich bewährt hat. Und irgendwo denken wir auch so. Das ist ähnlich wie bei Violinen. Die wurden auch für ein Jahrhundert gemacht.“

Nach eineinhalb Jahren des Songschreibens und den vergangenen Studio-Sessions finden sechs Lieder unter dem Titel Warping Youth zusammen. Die EP kreist um Themen, „die meistens beim gemeinsamen Kaffee Trinken aufkamen“ und sich für Feng Suave deswegen ziemlich persönlich anfühlen. Beim Hören wird man Teil eines Gesprächs, das bei Half-Moon Bag in beruhigendem Ton dazu veranlasst, die verrückte Welt da draußen für einen Moment zu vergessen. Die Melodie, getragen von musikalischen Seufzern.

Der zweite Track auf der EP ist mit Toking, Dozing die erste Single, mit der das Duo eine Folge neuer Releases eingeleitet hat. Im dazugehörigen Musikvideo schieben die beiden Daniëls ihr Baby im Kinderwagen durch die Straßen Amsterdams. Bevor ein rotes Auto durchs Weltall fährt, die Insassen kostümiert mit großen Hüten. Dann gehen Wälder in Flammen auf und was ist denn nun mit den Delfinen?

„Ich glaube, das ist unser bestes Video. Wir haben es vor einem Greenscreen gedreht und selbst inszeniert. Eigentlich ist es hauptsächlich Bullshit, zu dem wir uns gegenseitig überredet haben.“

Eine Portion scheinbar wild zusammengewürfelter Bilder, die am Ende trotzdem als Gesamtkonzept ineinandergreifen. Und ein kompletter Kontrast zum Video von Maybe Another Time. Ästethische Aufnahmen der französischen Küstenlandschaft, in der die herausgeputzten Mitglieder Feng Suave’s, mal mit wehendem Haar oder dem Weinglas in der Hand, platziert wurden. Hier transportieren die Szenen viel mehr die Atmosphäre des Songs als eine inhaltliche Botschaft. „Just looking slick in France“, kommentiert Daniël de Jong mit einem Augenzwinkern die Idee hinter dem Video.

Mit einem kleinen Augenzwinkern rinnt auch der Gesang über ernste Gedanken und biegt sie zu charmanten Zeilen, die nicht mehr aus dem Kopf gehen. Wie die erste Strophe von I’m Warping Here: There’s some things I regret / Like torturing insects in the garden when I was ten / Faking tears for grandma’s death / Stealing toys from all my favourite friends / But do whatever you want / Cause it’s the time of your life and it’s gonna level out

Dann der vorletzte Song. People Wither ist in ein weiches Gewand gebettet, das die Warping Youth EP einhüllt. Wo die Klänge wie ein Pinselstrich beim Aquarell schimmernd leichte Farben hinterlassen, die sich fließend mit neuen Nuancen verbinden. Bevor dann beim letzten und längsten Song Day One ein knisternd verzerrtes Geräusch die Gitarren zu einem sehnsüchtigen Solo aktiviert, das meinetwegen ewig so weitergehen kann…

Dieser Text ist auf der Grundlage eines Interviews mit Feng Suave am 20.06.2020 entstanden. Fotos: Max D’orsogna