EIN LIEBESINTERVIEW: DAVID UND SEINE PLATTENSAMMLUNG

Ein Gastbeitrag von David:

P: Guten Morgen, gut geschlafen?

D: Danke der Nachfrage. Sehr gut. Und selber?

P: Wie ein Stein. Hab‘ mich kaum bewegt. Mit welcher Platte willst du in den Tag starten?

D: Gute Frage… *fängt an sich vors Regal zu hocken und zu schauen*

P: Na, sind es etwa zu viele?

D: Nein, aber jeder Tag ist anders. *entscheidet sich für … und setzt sich mit seinem Kaffee aufs Sofa*

P: Wann hat das eigentlich angefangen mit deiner Sammelleidenschaft?

D: Gute Frage, das muss in der Grundschule begonnen haben, im Alter von sicher zehn oder elf Jahren. Da wurden die ersten CDs gegenseitig getauscht und empfohlen. Gleichzeitig habe ich dann auch die ersten Alben, Singles und Compilations gekauft. 

P: Wie? Noch kein Vinyl?

D: Tatsächlich war das Ende der 90er Jahre und Vinyl war damals nahezu nicht existent. Zudem war meine musikalische Erziehung nicht wirklich von Schallplatten geprägt.

P: Ich nehme mal an, dass das Vinyl erst später dazu gekommen ist?

D: Ja das stimmt, aber auch sehr langsam. Ich glaube ich war 15 oder 16, als ich das erste Mal Ausflüge nach Berlin unternommen habe mit der Familie oder Freund*innen. Da habe ich auch die ersten echten Plattenläden kennengelernt. Das war wirklich spannend und man hat gestöbert, ohne einen Plattenspieler zu besitzen.

P: Das heißt, du konntest sie gar nicht hören?

D: Richtig. Ich habe einzelne, wenige Platten gekauft von Künstler*innen, die ich liebe. Es war eher die Begeisterung für dieses neue“ Medium. Die großen Cover, die Haptik. Das war einfach schön.

P: Kann ich verstehen, aber ich gehe mal davon aus, dass man den Begriff „sammeln“ dann noch nicht verwenden konnte.

D: Eine wirkliche Sammlung konnte man das bezüglich Vinyl nicht nennen. Als Schüler und als Auszubildender hatte ich eh kein Geld oder nie ausreichend und CDs waren günstiger. Da hat sich dann doch einiges angesammelt und ich glaube die gesamte CD-Sammlung umfasst noch immer fast 800 Stück.

P: Also kaufst du immer noch CDs?

D: Ganz selten. Das passiert nur, wenn Künstler*innen kein Vinyl anbieten. Lieber eine CD als gar nichts. Downloads und Streaming sind mir da zu unpersönlich. Gerade auf den Konzerten nehme ich gerne was mit, wenn ich ein Album noch nicht habe oder mich ein Support-Act positiv überrascht.

P: Okay, kommen wir mal langsam wieder zurück zu mir: wann ging es denn richtig los mit der Leidenschaft?

D: Das muss dann während des Studiums gewesen sein. Geld hatte ich noch immer nicht mehr als früher, aber die Liebe wurde stärker. Gleichzeitig hatte ich aber Freund*innen, die ebenfalls sehr fixiert auf das Thema Vinyl waren und mich somit wieder in diesen Bann gezogen haben.

P: Und wenn ich mich so ansehe, dann wird diese Leidenschaft auch nicht weniger…

D: Kann man so sagen. Natürlich kann man sich mehr Platten leisten, wenn man richtiges Geld verdient, aber die Optionen, die Vielfalt und der Markt an Vinyl wurde in den letzten 10 Jahren auch immer größer. Man kann da ja schon von einem Boom sprechen und als Musikliebhaber bin ich da auch intensiv dabei.

P: Wie viele Platten hast du denn so zur Zeit? Und: weißt du noch was deine erste Platte war?

D: Ich versuche meine Sammlung auch über discogs aktuell zu halten. Ist schon sehr spannend, wenn man mal sieht, was alles so in der Sammlung ist, welchen Wert die Platten haben und welche anderen Versionen es noch so auf der Welt gibt. Aktuell mit Alben, Singles, etc. sind wir laut Online-Katalog bei ca. 900 Stück – die genaue Zahl könnte leicht höher sein, da ich sicher nicht alle online eingetragen habe. Zur zweiten Frage: keine Ahnung. Ich bin da auch ganz offen und ehrlich. Ich weiß auch nicht, welches meine erste CD war. Ich kann mich an gewisse Momente erinnern, wo ich CDs und Schallplatten gekauft habe, aber DIE eine, das kann ich nicht beantworten. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass meine erste LP eine der White Stripes war, denn die ersten drei Alben habe ich recht früh besessen. 

P: Wow, das ist schon eine Menge. Was kommt da so für ein Wert zusammen?

D: Ich muss ja sagen, dass der Wert der Platten natürlich mehr emotional zu bewerten ist als an reinen Zahlen. Laut discogs und dem ungefähren Mittelwert wären wir ungefähr bei nem Kleinwagen, aber wichtig ist das wirklich nicht, da ich nicht vorhabe irgendwas zu verkaufen. Es ist eher mal interessant zu erfahren, wo sich so ein Wert mal hin entwickelt bei limitierten Auflagen und dann denkt man nur „krass, so viel zahlen manche auch dafür“.

P: Gibt es denn die eine, wertvollste Platte oder so?

D: Natürlich sind Box-Sets, gerade wenn sie limitiert sind, besonders teuer, falls man sie verkaufen mag. *schmeißt mal einen Blick auf discogs* Also die „Blackstar“ von David Bowie als Clear hat z.B. einen durchschnittlichen Wert von fast 300€, aber auch andere Platten wechseln wohl mal den Besitzer für teilweise locker 100-200€.

P: Nicht schlecht. Schützt du solche Exemplare irgendwie besonders oder wie gehst du damit um?

D: Tatsächlich behandle ich diese Platten wie jede andere auch. Ich mache da keinen Unterschied. Ich habe keine einzige Platte, die noch eingeschweißt ist oder so. Alles wird gehört und benutzt. Selbstverständlich fasse ich die jetzt nicht mit fettigen Fingern an *lacht*, aber am Ende will ich die Musik und die Haptik genießen ohne mir über den Wert“ Gedanken machen zu wollen. Mir geht es ja auch nicht um Wertsteigerung oder darum spezielle Sammelobjekte anzuhäufen. Ich kaufe auch Platten nur, weil ich die Musik wirklich schätze und mich andere Musikgewohnheiten weniger interessieren.

P: Aber es gibt doch ganz bestimmt besondere Liebhaberobjekte, oder? Wenn ja, welche sind das?

D: Auf jeden Fall… lass mich überlegen. Zum Beispiel das erste Album von Whitest Boy Alive – das habe ich lange auf meiner Suchliste gehabt. Diese Vinyl hatte immer einen dreistelligen Wert, aber irgendwann hatte ich in einem Second-Hand-Shop das Album online gesehen für 30€ und ich bin mir sicher, dass da jemand die „1“ vor dem Preis vergessen hat. Mir war es egal und ich war sehr froh, als es zu Hause angekommen ist. Ansonsten habe ich einige Box-Sets von meinen Lieblingskünstlern Wilco und Calexico. Da bin ich jeden Tag froh sie im Schrank stehen zu sehen und regelmäßig zu hören. 

P: Das ist alles? Hab ich mir jetzt spektakulärer vorgestellt… oder aufregender…

D: Wenn ich jetzt den ganzen Schrank absuche, dann fallen mir sicher noch mehr ein, so ist es ja nicht. Gibt zig verschiedene Farben, Aufmachungen, auch mal Picture-Discs (von früher, heute bin ich da gar kein Fan mehr von), auch Shaped-Vinyl, usw.

P: Ich verstehe… dann gibt es aber sich eine Farbe oder Optik, die dich besonders reizt…

D: Schwierig, denn in erster Linie geht es mir wirklich um die Musik. Wenn etwas nicht kickt, dann brauche ich auch die Platte nicht. Wie gesagt, ich kaufe nicht, um die Sammlung wertvoll zu machen oder Dinge teurer zu verkaufen. Natürlich mag ich farbiges Vinyl wirklich sehr, denn das Spiel mit den Farben ist sehr reizvoll. Ich empfinde es schon als einen Mehrwert, wenn ich die Wahl habe zwischen klassisch schwarz und farbig, aber ich habe da keine Lieblingsfarbe oder so. Solange am Ende die Aufmachung schön ist, bin ich schon ganz happy.

P: Und wenn man so den Markt beobachtet, dann wird mit farbigen Platten auch ne Menge Geld gemacht.

D: Absolut richtig. Es wird vom Gefühl her auch immer schlimmer. Manchmal gibt es von einem Album mehrere Optionen und dann fällt es echt schwer sich zu entscheiden. Welche Farbe nimmt man? Gibt es noch eine andere Edition im Ausland? Welcher Anbieter bekommt welche Edition? Vielleicht gibt es ja noch eine andere Special Edition… *lacht* Ja, manchmal ist es sehr aufregend und wenn dann noch spezielle Limitierungen dazu kommen, dann muss man schnell sein.

P: Wird also nicht langweilig bei dir. Wie muss man sich so die „Jagd“ vorstellen?

D: Ich bin da sehr breit gefächert. Vielen Künstler*innen folge ich in den sozialen Netzwerken. Da bekommt man immer recht schnell mit, wer wann was neues veröffentlicht. Bei „normalen“ Veröffentlichungen bestelle ich diese dann beim Plattenladen des Vertrauens vor und hole sie dann persönlich ab. Ansonsten gibt es bei Facebook auch diverse Gruppen wo Menschen noch schneller informiert sind und ihr Wissen und Bestell-Links posten. Ansonsten recherchiere ich online bei diversen Shops, habe bei discogs meine „Wantlist“ und belese mich auch in den diversen Musikmagazinen über neue Künstler*innen und Veröffentlichungen.

P: Klingt nach ner Menge „Arbeit“

D: Wenn man das mal so durchdenkt, dann kann man den Eindruck gewinnen, das ist richtig. Am Ende ist es aber ein Hobby und da ist es mehr Spaß und man freut sich immer, wenn man einen tollen Fund gemacht hat oder einfach Dinge vorbestellt, die einen in den folgenden Monaten erwartet.

P: Das bedeutet, dass du immer einen Plan und Budget hast, damit es nicht zu viel wird?

D: Jein *lacht* Tatsächlich setze ich mir jeden Monat ein Budget, was ich ausgeben kann/will, aber meistens reicht das nicht. Natürlich setze ich mir Grenzen und es kommt auch mal vor, dass ich etwas wieder storniere, aber irgendwelche Releases kommen spontan um die Ecke und zack, dann ist die Kreditkarte wieder in Benutzung. 

P: Ich merke das schon, wie oft hier neue Sachen einsortiert werden 😉

D: Manchmal bin ich auch etwas erschrocken, wenn jede Woche so 1-2 Pakete kommen oder Mails zwecks Abholung. Auch vergesse ich manche Bestellungen und stelle dann beim Auspacken fest „huch, da war ja noch was“, weil der Kauf einfach schon paar Monate zurück liegt, aber auch das sind die schönen Überraschungen im Alltag.

P: Okay, letzte Frage:  ist irgendwann Schluss mit der Sammelei?

D: Ich glaube nicht… Es sei denn, es wird irgendwann finanziell eng oder der Platz in der Wohnung reicht nicht mehr aus, dann überlege ich sicher noch einmal.