Wieder einer dieser Künstler, der alle seine Songtitel in capslock schreibt. Obwohl, nicht alle – das Debütalbum 2018 und ein paar einzelne Singles machen mit der Groß- und Kleinschreibung eine Ausnahme. Bis zur COLBY EP 2019. Ein wenig später werden die farbigen Cover durch moody schwarz-weiß Fotos ersetzt, auf denen der Sänger oder viel mehr sein Hinterkopf in Szene gesetzt wird.
Sieht man etwas mehr als den geschorenen Schädel und die silbernen Ringe im Ohr, dann hat Colby meist ein Streichholz zwischen Zähnen. Das Markenzeichen des fiktionalen Charakters. Colby Lafayette ist das Alter-Ego eines Typen, der nach der Highschool die College-Bewerbung gegen einen Umzug von Boston nach LA eintauschte. Sich dort persönlich und künstlerisch entwickelte. Und dann mit Colby Lafayette den Charakter fand, der all seine Kindheitsträume verkörpert – einen LA Rockstar, der stets lässig auf einem Streichholz kaut.
Ein bisschen der coole Großstadt-Lucky Luke. Und die Beats ballern schneller als der Schatten der schwarz-weiß Fotografie. All die Übungsstunden haben sich gelohnt. Mit ersten Bands zu Rock und Grunge-Songs, dann auf der 2010er Hiphop-Welle als Songwriter und Produzent im eigenen Kellerstudio. Diese Musikrichtungen spiegeln sich in den aktuellen Releases von Colby wieder.
Vor kurzem erschien SO BAD. Eine sechs Titel umfassende EP, die gänzlich während der Corona-Quarantäne entstand. Thematisch reflektiert der Künstler seine vergangene Highschoolzeit. Musikalisch ist es ein Schmelztiegel aus Rockelementen und einer hiphoppy Handschrift. Verbeulter Gitarrenklang und rauer Gesang, manchmal so nah, dass er in mich hineinkriecht. Doch immer zwischen melodiösem Sprechgesang, der den Schwung aus seiner Betonung zehrt und einprägsamen Hooks.
Der Bass wiegt schwer und durchzieht die Songs mit einer bedrohlich- erdrückenden und gleichzeitig spannungsgeladenen Basis. Hier und da füllen Ad-Libs die neblige Atmosphäre, eine dumpfe Bassdrum und klickende Snare. Es entsteht ein Sound, der zu gleichen Teilen kühl-distanziert, innerlich ausgeglichen, zurückgelehnt scheint und doch mit seiner Grobkörnigkeit eine Funken sprühende Reibung erzeugt.
Wie auf den Pressefotos posiert die Musik von Colby Lafayette monochrom. Die Tiefen düster hervorgehoben, mit einem Streichholz ständig den Zündstoff parat, ein gedankenverlorener Blick in die Ferne. Und vielleicht ist der Charakter Colby Lafayette schon längst mit seinem Schöpfer eins geworden.
Fotos: choob (1,3), Eric Zeller (2)